Atlantik

1 Boot – 2 Männer – 10 Tage – 1000 Seemeilen
 Mit dem Segelboot von Teneriffa über Madeira nach Gibraltar 

Segeln ist die teuerste Art, langsam und unbequem zu Reisen.

Genau dies würde ich noch genauer erfahren, allerdings ging es diesmal auch über einen normalen Urlaubstörn hinaus. 😉

Alles von vorne:

Peters Segelyacht musste von den Kanaren über Madeira ins Mittelmeer gebracht werden. Bevor es losgehen konnte brauchte das Boot etwas Liebe und Zuneigung – Corona bedingt ist es über 4 Monate im Hafen gestanden und wurde nicht bewegt.

Batterien waren tiefentladen, es gab kleinere Elektronikprobleme, der Motor brauchte etwas pflege, Klimaanlage und Standheizung gingen nicht mehr an. Reparaturen am Mast und einiges mehr. Zudem wurde das Boot ordentlich geschruppt, der Saharasand hatte sich überall abgesetzt.

Nach 2 Tagen Arbeit war alles erledigt.
Dann die Nachricht, dass wir Madeira noch nicht anlaufen können. Somit haben wir weitere 2 Tage auf Teneriffa verbracht: Eine kleine Probesegeltour unternommen, Örtliche Köstlichkeiten genossen und eine kleine Sightseengtour ins Anaga Gebirge vorgenommen.

Leinen Los! Endlich war es soweit, wir sind am Weg nach Madeira. Für mich waren solche Langfahrten völlig neu. Der Atlantik hats drauf, Welle viel höher und länger als man Sie vom Mittelmeer her kennt, das fällt sofort auf. Der Wind pfeifft hier immer. Kein Land in Sicht. 

Man lebt Tag und Nacht auf dem Boot während einer ständig Dienst am Steuerstand hat. 3h- Schicht. Anstrengender als gedacht. Nachts kommt man kaum zur Ruhe. Amwindkurs (Schräglage) man schläft mehr auf der Wand als im Bett, es ist laut und unruhig. Alltägliche Dinge wie kochen, Essen, Toilette, usw. … sind gefühlt ums dreifache schwieriger als sonst. Die erste Mahlzeit – etwas einfaches (dachte ich mir): Tomaten & Mozzarella. Mir war bewusst, dass ich in Schräglage jeden Handgriff vorsichtig und überlegt durchführen muss: Kühlschrank vorsichtig aufgemacht: alles fällt raus. Tomaten schneiden – eine Kunst bei dem Geschaukle. Ständig musst du dich mit einer Hand irgendwie festhalten sonnst knallst du bei der nächsten Welle wo dagegen. (Sämtliche meiner Gliedmaßen sind jetzt abgehärtet. 😀 ) Nach einer gefühlten Ewigkeit war mein Meisterwerk fertig, dann kommt eine starke Böe kombiniert mit einer Welle – das Boot bekommt noch mehr Schräglage. Knall. Der Teller hat das ganze Innenleben des Bootes verziert. Anstatt essen war Boot putzen angesagt.

Ungünstige Windrichtung ließ uns aufkreuzen und somit haben wir noch mehr Strecke zu fahren als am direkten Wege. Nach fast drei Tagen erreichen wir Madeira. Die ersten Tage waren sehr gewöhnungsbedürftig für mich, aber haben Spaß gemacht und gingen gut vorüber.

Vor Ort dürfen wir immer noch nicht einreisen. Wir ankern im Hafenbecken, und tankten eine Nacht erholsamen Schlaf. Am Tag danach bekamen wir die Info, dass wir zur Weiterfahrt verproviantiert werden und Diesel tanken dürfen, aber das Land nicht betreten. 

(Mit negativen Covid Test wäre das schon möglich gewesen, aber das war nicht unsere Absicht – wir wollten weiter).

Als das alles erledigt war ging es nach 12 Stunden Pause – und ohne Festland zu betreten – auch gleich wieder weiter in Richtung Gibraltar. Hier wartet das nächste Level: mehr Wind – mit permanent 20kn und Böen bis 28kn, mehr Welle (Spitzenwerte: 3-4m) , jede x-te Welle macht dich nass, kommt ins Cockpit herein. Ausgerüstet mit Ölzeug, Lifbelt und persönlichen Notsender verbringst du die ganze Zeit am Steuerstand. Permanent ist man irgendwo eingepickt – der Lifebelt ist dein Bester Freund.

Der Statistik zufolge werden am Tag nur 30% von überbordgegangenen wieder an Bord gebracht – In der Nacht den Halt zu verlieren ist zu 95% dein Todesurteil. Also – Safety first.

 

Wieder Amwindkurs, gesteuert wird viel per Hand um die Batterien zu schonen. Nochmal: eine Welle – Salzkruste im Gesicht. Man fühlt sich wie beim Volvo Ocean Race. Einfach geil! 😉

Die ersten Tage sind echt anstrengend und mühsam, aber nach einer Weile gewöhnt man sich an die ganzen Umstände und vor allem an den Schlafentzug.

Zur Belohnung gab es schöne Sonnenauf- sowie -untergänge umgeben von Wasser. Von Zeit zu Zeit besuchten uns Delphine.

Wenn wir uns einmal ein paar Stunden Autopilot leisteten wurde Schach gespielt, gefischt, gelesen, gekocht, … und viel Blödsinn geredet 🙂

Das Wetter war mal so mal so: Anfangs oft bewölkt und auch mit Regen, dann immer öfter sonnig und schön.

Ein ungewohntes Gefühl ist es komplett von der Aussenwelt abgeschnitten zu sein, kein Empfang – keine Kontakte. Man muss lernen nur mit sich selbst und deinem Kollegen auszukommen. Tolle Erfahrung. 

Verkehr ist wenig da draussen, aber doch.
Das eine oder andere Mal sieht man einen Tanker, Frachter oder Fischer. Richtig spannend wurde es dann im Verkehrstrennungsgebiet vor/von Gibraltar, hier ist dann richtig viel los und sehr viele Boote – vor allem Fischer –  die im AIS nicht erscheinen. Zudem sind diese teilweise nicht richtig beleuchtet, permanente Ausschau ist hier Pflicht.

Fazit nach 1039 Seemeilen nonstop:

Auch wenn ich es mir anfangs nicht ganz so anstrengend vorgestellt habe, war es ein tolles Erlebnis, dass jeder begeisterte Segler einmal gemacht haben muss. Ich habe wieder viel dazugelernt und jede Menge neue Erfahrungen gesammelt. 

Gerne wieder – allerdings vorzugsweise auf einem Raumschotkurs (Wind von hinten – keine Schräglage) – Eine Atlantiküberquerung Ost- West zum Beispiel 😉 mit größerer Besatzung um mehr „Freizeit“ zu haben.

 

Nachdem uns abends, beim Abendessen, dutzende Delphine im Hafenbecken von Gibraltar (bei 6m Wassertiefe!) besucht haben und das Boot umkreisten, brachten wir abschließend die „MAX“ noch Richtung Malaga nach Benalmadena. Hier übernehmen die nächsten Gäste das Boot. Die Marina ist wie ein kleines Monaco und es war nicht viel los. 🙂

Ein Großes Dankeschön geht an Peter und actionteam-sailing.de welche dieses Abenteuer möglich gemacht haben. 😉

Auf dem Weg zurück zu Sylvie bevor ich Ärger bekomme. 🙂

Zahlen:  +16 Tage  // +3 Länder // +1105 Seemeilen // + 2387 Flugmeilen

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