Norwegen

Bei eisigen Bedingungen bis ans Nordkapp.

Kennt Ihr das auch? Es ist Weihnachten, es liegt einfach kein Schnee, draußen herrscht viel zu warmes Sauwetter und es kommt einfach keine Weihnachtsstimmung auf. Das ist jedes Mal das Schlimmste für mich: Zu Weihnachten muss es saukalt sein! Schneechaos inbegriffen!

Um dem entgegenzuwirken haben wir unser Schwedenabenteuer nach Norwegen weiter fortgesetzt um in echte Weihnachtsstimmung zu kommen. Sunny, meine Co-Pilotin, hilft dem mit regelmäßiger Weihnachtsmusik noch nach (viel zu oft :D).

Inzwischen ist auch schon der Winter eingebrochen. Wir tasten uns mit Sylvie vorsichtig an die winterlichen Verhältnisse ran. Im ersten Nationalpark, den wir durchfahren, besteht die Fahrbahn aus purem Eis und Schnee (und später auch der ganze restliche Teil von Norwegen) dies kenn ich bisher nur aus Filmen. Es herrschen bis zu minus 26°C. Das Eis im Untergrund ist rau und grob und lässt mit gutem Grip annähernd normale Geschwindigkeiten zu – wir brettern mit 70 – 80 – 90 Stundenkilometer durch die eisige Landschaft. Dabei überholen uns die Einheimischen immer noch, für diese sind die Verhältnisse komplett normal. Später finden wir noch raus, dass die meisten mit Spikereifen unterwegs sind.

Etwas abseits von den weniger befahrenen Hauptstraßen ist das Eis um vieles glatter und genau da sind wir gleich mal in den Graben gerutscht. Ohne Schneeketten kamen wir da auch nicht mehr raus – von diesem Zeitpunkt an waren diese auch unsere griffbereiten Wegbegleiter und mussten immer wieder in „speziellen“ Situationen angelegt werden. Mit knapp vier Tonnen ins rutschen zu kommen, oftmals bei 8 – 12% Gefälle, sorgt immer wieder für erhöhten Puls. Als wir dann bei Tauwetter und sehr rutschigen Verhältnissen nochmal von der Straße abgekommen sind (aber sonst nix weiter passiert), haben wir beschlossen die spottbilligen, türkischen Winterreifen mit einem Restprofil von nur mehr 3,5mm auf ordentlichen, winter-abenteuer-tauglichen Gummi zu tauschen. Mit deutlich mehr Grip geht die Reise weiter in den Norden. 

Zu meinem Geburtstag gönnen wir uns einen Wellnesstag im Geirangerfjord. Leider herrscht hier Tauwetter und somit fehlt die schneebedeckte Landschaft. Bevor wir den Fjord wieder verlassen, beschließen wir noch eine Wanderung zum Sieben-Schwestern-Wasserfall zu machen, wobei uns dann doch noch der Schnee überrascht.

Anschließend führt unser Weg weiter Richtung Atlantikstraße. Da wir gerne Nordlichter sehen würden, beschließen wir immer weiter in den Norden vorzudringen.

Nachdem wir Trondheim besucht hatten, beschlossen wir, auch noch bis zum Polarkreis vorzudringen, sei es so kalt es wolle – wir sind Abenteurer, das hält uns nicht auf! Wer braucht denn eine Komfortzone? 

Ab nun sind wir offiziell in der Arktis! 

Dort Angekommen – wie soll es auch anders sein – war klar: das Nordkap lassen wir jetzt bestimmt nicht mehr aus! Einen kurzen Zwischenstopp gab es aber noch in Tromsö, wo wir zur Wal-Beobachtung auf den Arktischen Ozean rausfuhren. Bei -15°C und windigen Bedingungen wurde die Tierfotografie zur Herausforderung, zudem die Kamera bei diesen Temperaturen teilweise ihren Dienst verweigerte. 

Die Sonne geht mittlerweile gar nicht mehr auf und es herrscht neben Finsternis ewige Dämmerung, was zur Folge hat, dass sich unser Schlafrythmus auch völlig verändert. Wir kommen erst um 10:00 aus dem Bett und sind bereits um 14:00 wieder müde. 

Aber Dunkelheit heisst auch: beste Bedingungen Nordlichter zu sehen!

Schlussendlich schaffen wir es noch bis ans Nordkapp. Bei schlechten Bedingungen kommt man hier nur mit einem speziellen Konvoi, mit einem Schneepflug an der Front, an. Auf den letzten 15km wird mir auch klar warum: hier ist einfach immer Wind und die Straßen werden permanent vom Schnee verweht. Wir haben Glück, die Straße ist offen und wir kommen gut durch. Wir erleben noch ein atemberaubendes Polarlicht-Schauspiel vor dem bekannten Globus, bevor sich der Himmel verzieht und es anfängt zu schneien. Bei knapp 40kn Wind ergibt das einen Schneesturm wie im Bilderbuch. Wir verziehen uns im Van und feiern uns ein wenig – es fühlt sich (nach 5500km, von zu Hause aus) an wie ein Zieleinlauf – als es um 00:10 an der Tür klopft: der Räumdienst. Die letzte Möglichkeit wieder runter in den Ort zu kommen bevor die Straße gesperrt wird, voraussichtlich für zwei Tage. Nach kurzen Überlegungen (–> wir haben noch genug Vorräte, jede Menge Diesel und Benzin zum heizen bzw. Strom produzieren und Wasser liegt hier eh überall herum) habe ich dankend abgelehnt. Sein Blick in Kurzfassung: „Ihr Vollidioten“. Ich musste grinsen. In der Nacht habe ich mir ernsthaft Gedanken gemacht, ab wann es eigentlich gefährlich wird, dass unsere Sylvie umkippt – ich bin zu keinem Entschluss gekommen, aber ich hab mich gefühlt wie am Segelboot am Atlantik obwohl ich Sylvie extra in den Wind gestellt habe, sodass wir kaum Seitenwind haben. 

Am nächsten Tag hatten wir das Nordkapp komplett für uns alleine – naja fast, später wurde die Straße doch noch geöffnet und wir bekamen Besuch von Karsten den wir schon in Tromsö getroffen hatten. Per Konvoi werden wir nach einer weiteren Nacht wieder zurück ins Tal gebracht und die Reise geht weiter. 

Diese Schilder stehen nicht zum Spaß rum: Ich musste wegen eines Elches (riesen Viech!) eine Vollbremsung einleiten (natürlich auf Eis und Schnee bei 8% Gefälle bergab). Nachdem ich mich von einem beinahe-Herzstillstand kurz erholen musste, war er natürlich ausser Reichweite meines Objektives.

On the road:

Vanlife Winter-Edition:

Vanlife im Winter, bei Tiefstwerten bis zu minus 26° C (!!!) bedeutet immer wieder Strapazen gedulden zu müssen und ist echten Abenteurer vorbehalten! Die Standheizungen (!) funktionieren gut und schaffen immer (naja meistens) plus 18-21°C im inneren unserer treuen Sylvie. Die Batterien gehen bei dieser Kälte immer in die Knie und schaffen nicht mal mehr einen Bruchteil der üblichen Kapazität. Beim permanenten Betrieb der stromfressenden Dieselheizaggregate, bedeutet das, dass das Notstromaggregat (oder der Motor!) die ganze Nacht durchläuft um unser Wohl zu sichern. Unser Kraftstoffverrbauch ist enorm! Der Motor wird bei Fahrt nicht mal mehr vollständig warm. Das ganze Wassersystem friert ein und ist unbrauchbar. Wir haben jede Menge Wasserkanister und Flaschen dabei um uns anderwertig im Alltag abzuhelfen. Auf allen schlecht isolierten Stellen im inneren des Vans verwandelt sich das Kondenswasser in Eiskristalle. Da auch alle Seen und Flüsse zugefroren sind, ist die regelmäßige Waschaktion darin auch nicht mehr möglich (Gott sei Dank!). Aber bei den größeren Trucker-Tankstellen gönnen wir uns immer wieder eine heiße Dusche. Campingplätze kommen bei uns nur ganz selten in Frage. 

Aber der Vorteil: das Bier wird nicht mehr warm 😀

Zwischenfall: Endlich mal wieder Aktion!

Nach einem anstrengenden Wandertag im Dovrefjell-Sunndalsfjella-Nationalpark Nationalpark um Moschusochsen zu sehen – leider ohne Erfolg, musste ich feststellen, dass wir unter dem Auto eine beachtliche Ölpfütze haben. Nachdem ich Sylvie bei -8°C im stockdunklen kurz unter den Rock gesehen habe, ergab die Inspektion einen Riss im Ölfilter. (WTF?) Wir – mitten im Nirgendwo, niemand hier. Ölfilter hab ich noch mit, aber keine sechs Liter Öl für eine Neubefüllung. Es fehlten schon ca. 2 Liter Öl – (laut Messstab schon kein Öl mehr vorhanden) und ich stellte weiterhin fest, dass sich das Öl sehr rasch verabschiedet sobald der Motor läuft.

Nach ein paar Denkminuten hatte ich dann folgenden Plan: die nächste Tankstelle ist 42km entfernt, ich „flicke“ das Leck mit Gaffertape, einem Küchenschwamm und einer Schelle, das Leck wird damit definitiv verringert. Die fehlenden 2 Liter Öl fülle ich mit Rapsöl auf (besser schlechte Schmierung als gar keine?!) Die Tankstelle hat hoffentlich das fehlende Öl für eine notwendige Reparatur.

Gesagt getan! – Erfolgreich!

Schlussendlich konnte ich nur mehr etwas mehr als 1,5Liter Öl ablassen. Die Tankstelle hatte nach meinem Einkauf keinen Tropfen Öl mehr und meine Geldtasche hat geweint – ABER: nach dieser nächtlichen Reparaturaktion konnten wir, halb durchgefroren, das Abenteuer wieder fortsetzen.

Das ganze Abenteuer geht nicht nur von mir alleine aus, sondern auch von meiner unglaublich coolen Komplizin – Danke Sunny 🙂

Zahlen:  +18 Tage // +3634km // +119Sm // +1 Land // +1 Zwischenfall: Ölleck

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