Pallini

Ein aufregender Segel-Sommer in Griechenland

Schon im November 2023 haben sich Sonja und ich ein ganz kleines Segelboot auf Samos angesehen. Völlig ungeplant haben wir dann einfach die „Pallini“ gekauft. Die besten Abenteuer kann man eben nicht planen, sie passieren. Auf der Sabre 27, einem englischen Fabrikat, wollen wir diesen Sommer verbringen und ganz gemütlich durchs Mittelmeer Segeln.

 

 

Pallini hat in den letzten 50 Jahren schon so einiges erlebt. Der ursprüngliche Eigentümer – ein Engländer, der allerdings in Athen im Stadtteil „Pallini“ gelebt hat – hat sie selbst von England nach Griechenland überstellt. Die Kleine hat also auch schon größere Abenteuer am Atlantik hinter sich. Danach gab es noch andere Besitzer, aber nun gehört sie uns. 😉 

Da ich eine 30kg schwere Lithiumbatterie fürs Boot von zu Hause mitschleppe, reise ich per Bus nach Thessaloniki an. Mit Sicherheit ist das wieder eine der umständlichsten Anreisen überhaupt, aber es ist günstig und ich kann meine Batterie mitnehmen – das wurde mir nämlich auf der Post verwehrt. Weitere drei 30 Kilogramm schwere Pakete mit Material und Ausrüstung sollten vor Ort bereits auf mich warten. Mit der Fähre geht es dann noch weitere 18 Stunden weiter nach Samos. Hier soll ein neuer Abenteuer-Abschnitt starten, doch zuerst muss unser neues Zuhause ins Wasser gebracht werden – wir sind aufgeregt. 

Bevor unsere Tour durch Griechenland wirklich losgehen kann, müssen noch einige Dinge am Boot gemacht werden. Dafür bleiben wir noch weitere zwei Wochen in der Marina auf Samos und erledigen diverse Arbeiten. Schlussendlich ist immer mehr zu tun als man glauben würde. Aber ein bisschen Bootsarbeit gehört eben dazu und macht auch (teilweise) Spaß. 

Wir bleiben noch eine Weile auf Samos. Den direkten Vorbesitzern der Pallini, welche sich ein neues größeres Boot gekauft haben, bekommen von mir noch ein Segel-Coaching – nun sollten Sie das neue 35 Fuß Boot zu zweit ganz gut im Griff haben. Dann kommen meine Eltern noch auf Besuch: wir gehen wandern, statten Pythagoras einen Besuch ab, erkunden die Insel, genießen gute griechische Köstlichkeiten und bereiten uns noch weiterhin auf ein Leben auf dem Boot vor. 

Endlich kann es losgehen: Wir lösen die Leinen und genießen die Inselwelt Griechenlands. Unsere Tour startet in der Ägäis, dass dieses Gebiet als die Königsdisziplin im Mittelmeer bekannt ist, sollten wir später noch genauer in Erfahrung bringen – die Winde hier sind einfach unberechenbar. In der Vorsaison sind wir eines der wenigen Boote das überhaupt schon unterwegs ist. Von Touristen fehlt noch jede Spur – wir genießen es. Immer wieder entdecken wir Inseln die wir sonst nie auf dem Schirm gehabt hätten, tolle Inseln die vielen Touristen nicht bekannt sind. 

Auf Patmos bleiben wir zum ersten mal etwas länger hängen. Hier finden wir eine Tauchschule und beschließen einen Tauchkurs zu machen bzw. unsere Tauchfähigkeiten zu erweitern. Wir sind die ersten Taucher dieser Saison, das Tauchboot ist noch gar nicht in Betrieb, aber man kann ja schließlich auch vom Strand aus starten. Ganze acht Tage haben wir den Anker hier nicht gelichtet – Willkommen im Leben von Langzeitreisenden. 😉

Angekommen im wahren Bootsleben sucht man auch immer wieder den Weg an Land. Weitere Wandertage, Landgänge und Inselerkundungen zu Fuß oder mit dem Mietwagen sind die Folge. Hier genießen wir einen einfachen Abend am Lagerfeuer mit Blick zum Boot im Hintergrund. 

Lagerfeuer auf Astipalea

Um die Freizeitmöglichkeiten am Wasser noch etwas zu erweitern, besorge ich mir eine Harpune. Relativ schnell lerne ich den Umgang und verzeichne immer wieder gute Erfolge in einer Wassertiefe von bis zu 12m. Dafür fange ich mit der (Schlepp)angel diesen Sommer leider kaum etwas. Später treffen wir ein weiteres, am Boot lebendes, Pärchen das einen 20kg (geschätzt) schweren Tunfisch an Bord holt – selbst die Fischer vor Ort können das kaum glauben. Wir helfen beim zerlegen und bekommen dafür ein paar Kilo Fischfleisch geschenkt. Die ganze Bucht hat von dem Fang profitiert. Das nächste Festessen ist gesichert. 

Wanderung zum Restaurant

Bei einer Rundtour auf Kos entdecken wir freilebende Pfaue – wir sind überrascht. Die Pfaue sind angeblich bei einem (Wald)brand ausgebüchst, seither leben diese Wild und sind zur Attraktion geworden. 

Danach geht unsere Tour über Astipalea weiter in den Westen. In Astipalea haben wir uns ein bisschen verliebt, insgesamt bleiben wir wieder über eine Woche und wettern den bekannten Meltemi ab, und das sogar noch ein zweites Mal. „Schmetterlingsinsel“ wird sie auch noch genannt, denn die Insel besteht aus zwei Flügel die aus der Vogelperspektive aussehen wie ein Schmetterling. Touristen sind hier eine Rarität, die Menschen sind super freundlich und das Leben ist absolut entspannt, die Uhr muss hier erst noch erfunden werden. 

Auf Anafi ist alles sehr ähnlich – recht viel mehr als Berge und ein Dorf gibt es hier nicht. 

Da Santorini direkt auf dem Weg zu unserem nächsten Ziel liegt, fahren wir daran natürlich nicht vorbei, wir organisieren uns ein Quad und stürzen uns für einen Tag in die Menschenmassen um die obligatorischen Instagram Bilder zu machen. Tagsüber sind die Touristenmassen in „Oia“ einigermaßen erträglich, Abends soll hier aber die Hölle los sein, deswegen halten wir uns hier nicht länger auf. In „Thira“, ungefähr 10 Kilometer entfernt von der Attraktionsstadt, sehen die einzigartigen weißen Häuser sehr ähnlich aus und die Menschenmassen sind auf einmal wie weggeblasen, das gefällt uns bei weitem besser. 

In der Ägäis gibt es immer genug Wind. Der Meltemi sorgt immer wieder für Aufregung und Überraschungen. So kommt es, dass wir Santorini noch schnell verlassen und uns noch spät abends auf den Weg nach Ios machen. Dort wollen wir Schutz finden, bevor der nächste Starkwind kommt. Nach vier Motorstunden in der Nacht streikt auf einmal unser kleiner 14 PS starker Dieselmotor. Um ein Uhr morgens – wir sind nur mehr drei Seemeilen von der nächsten Bucht entfernt – versuche ich alles um den Motor wieder zum laufen zu bringen. Schlussendlich schaffen wir es doch noch in die Bucht. Am nächsten Tag erleben wir 50 Knoten Wind vor Anker, die Wellen bauen sich auf, die Gischt fliegt durch die Bucht und der Wind ist einfach erbarmungslos – Erinnerungen vom Atlantik kommen zurück. Da der Wind noch stärker werden soll und wir die Haltekraft von unserem Anker nicht noch weiter ausreizen wollen, organisieren wir uns Schlepphilfe in den nächsten Hafen – hier sollen wir Ersatzteile bekommen. Zwei Fischer kommen uns zur Hilfe und schleppen uns in Sicherheit. Der Mechaniker wartet auch schon auf uns und kann uns mit Ersatzteilen weiterhelfen. Wir sind wieder Mobil. 

In Wirklichkeit ist uns nur der Sprit ausgegangen. Wie dumm! Bei den Wellen hat der Motor sehr schnell Luft gesaugt und ging aus. Segeln konnten wir nicht, weil genau zu diesem Zeitpunkt absolut kein Wind war. War klar oder? Nach zwei Stunden der Tüftelei habe ich einen kleinen Ersatztank aus einer 1,5 Liter Mineralwasserflasche gebaut. Der Motor sprang wieder an und wir haben es dann doch noch in die Bucht geschafft. Um 4 Uhr Morgens sind wir dann endlich ins Bett gekommen. Am nächsten Tag brachte uns ein netter Herr 20L Diesel. Nun sollte wieder alles passen – dachten wir. Auf einmal wollte der Motor aber gar nicht mehr starten. Verflixt! Ganze zwei Tage lang habe ich am Motor herumgeschraubt und bin nicht auf den Fehler gekommen.

 

Erst später hat der Mechaniker das fehlerhafte Teil aufgespürt:

 

Bei den vielen Startversuchen hat der Starter sehr gelitten und hatte einfach nicht mehr die Kraft und Drehfreudigkeit. Ich konnte den schleichenden Leistungsverlust nicht wahrnehmen und hätte nie auf den Starter getippt. Der Mechaniker vor Ort hat einfach die Spule neu gewickelt, denn Ersatzteile sind für unseren Motor hier weit und breit nicht erhältlich. Einen Tag später springt der Motor beim ersten Dreh sofort wieder an. Wir sind erleichtert und freuen uns.

 

Ganz Kostengünstig war diese Aktion allerdings nicht: Da Ios als die Partyinsel bekannt ist und dementsprechend viel Tourismus ist, wussten die Griechen auch, dass sie hier die Hand ganz weit aufhalten können.

 

Abschleppen 7 Seemeilen: 500€ 

Mechaniker: 400€ 

 

Puh… die Reisekasse leidet.

Die Tage werden in Richtung Westen immer heißer und an Bord wird es zur Sauna, wenn nicht gerade der Wind weht. Ich verbringe die Tage hauptsächlich im Wasser und versuche immer wieder vom Boot runter zu kommen. An den heißesten Tagen des Jahres verabschieden wir uns ins Landesinnere mit dem Mietauto und buchen eine Raftingtour am Fluss Lousios. Da der Wasserstand gerade sehr niedrig ist, ist die Fahrt nicht wild und sehr relaxed. Das Tal des Flusses, dass zu Fuß kaum erreichbar ist, bietet ein kühles Klima. Ich bin wieder super happy und will das Tal gar nicht mehr verlassen. 🙂

Im Homeoffice gibt es natürlich auch immer genug zu tun, dafür habe ich mir aber immer die schönsten Plätze ausgesucht. 😀

Unsere Route führt uns über Peloponnes weiter ins Ionische Meer. Auf Peloponnes ist es wieder sehr grün uns sehr gebirgig – ideal um wandern zu gehen. Hier war ich auch mit Sylvie schon unterwegs. Interessante Orte waren für uns Monemvasia und Elafonisos. Die Festung von Monemvasia war im Byzantinischen Reich ein bedeutender Stützpunkt und ist nach wie vor eine interessante Festung. In Elafonisos gib es wundervoll blaue Strände, allerdings ist hier auch wieder etwas mehr Tourismus angesagt. 

Eine lange Überfahrt bringt uns nach Zakynthos. Die Menschenmassen, die wir gerne meiden, sind enorm. Also führen wir unsere Tour relativ schnell nach Kefalonia weiter, da ist es genau so schön, die Schildkröten kommen uns genauso besuchen und die Menschen sind bei weitem freundlicher. 

Die Meiste Zeit verbringen wir vor Anker, nur selten legen wir in Häfen an. Im Hafen von Zakynthos machen wir längsseits fest. Wir müssen wieder verproviantieren und brauchen Wasser. 

 

Ich stehe gerade an der Reling und halte mich an der Want fest, während Sonja an Land steht – wir unterhalten uns mit unseren Bootsnachbarn. Auf einmal kommen ungewohnt große Wellen völlig unerwartet.  Die erste Welle ist heftig und drückt unsere kleine Pallini gegen den Steg. Ich halte mich fest. Die zweite Welle ist noch bei weitem größer und hebelt das Boot regelrecht auf die Mole heraus. Es knallt ganz laut, ein Fender platzt. Für eine Sekunde liegt das Boot im 45 Grad Winkel an der Stegkante und kippt ganz langsam wieder zurück ins Wasser. Ich bin selbst verwundert wie ich es schaffe nicht von Bord zu fallen. Der Schrecken sitzt tief, wir sind völlig empört. Kurz darauf werden die Wellen wieder weniger und wir begutachten den Schaden.  Die Scheuerleiste aus Holz ist in viele Teile zerbrochen und schwimmt im Wasser, an der Bootshülle sind zwei ganz große Kratzer entstanden. Im Inneren des Bootes ist alles herumgefallen, auch mein MacBookPro landet auf dem Boden. 

Alle Bootsbesitzer laufen zusammen und sind völlig aufgewühlt. Ein Ausflugsschiff hat sich nicht an die Geschwindigkeitsbegrenzung im Hafen gehalten und ist viel zu schnell eingefahren. Einer unter den Bootsbesitzern erzählt, dass das jeden Tag zweimal passiert. Der Kapitän auf dem Ausflugsboot, sowie der Touranbieter zu dem bekannten Schiffswrack interessiert sich nur fürs Geld der Touren.  

Sonja und ich statten dem Touranbieter einen Besuch ab um uns zu beschweren. Doch er ist von vorne herein sehr unhöflich und schreit uns an. Die Situation eskaliert und wir werden aus dem Büro rausgeworfen. Die Bewertungen auf Google sind unter aller Sau. Der Touranbieter ist bekannt für unmögliches Verhalten. Wir melden den Vorfall bei der Polizei. Doch die kann leider nichts für uns machen. (Oder will nichts für uns machen?)

Auch andere Boote wurden dabei schwer beschädigt, viele verlassen daraufhin den Hafen. Wir auch. Auf den Schäden bleiben wir natürlich sitzen. 

Remote-Beach auf Peloponnes

Eine kleine Lost-Place-Tour führt diesmal durch einen verlassenen Hafen auf Kefalonia. Hier suchen wir im Sturm und Gewitter kurzfristig Schutz. Bei einer Erkundungstour entdecke ich viele verlassene und aufgegebene (Segel)boote, da fängt einem das Herz zu bluten an. Aber dann habe ich auch noch die Arche Noah gefunden, ich wusste sofort hier kann uns nichts mehr passieren. 😀  

Bevor wir die Pallini zum Überwintern wieder ins Trockendock bringen, haben wir noch eine ganz spezielle Fahrt vor uns, nämlich durch den Kanal von Korinth. Schon zweimal bin ich mit dem Auto über die Brücke gefahren und habe den Booten unter mir zugewunken – nun winke ich zurück. Ein Punkt auf meiner Bucket-List wird abgehakt. Die Fahrt durch den Kanal ist abenteuerlich und atemberaubend. Die Steinwände links und rechts vom Boot ragen mehr als 80m hoch hinauf. 

Auf dem Weg dahin stand auch die Brücke von Patras noch am Plan. Sie ist die größte Brücke die ich mit dem Segelboot jemals passiert habe. 

UNSERE ROUTE DURCH GRIECHENLAND:

Ursprünglich wollten wir es diesen Sommer bis nach Korsika oder sogar noch weiter schaffen. Schlussendlich haben wir aber immer wieder schöne Plätze gefunden und sind länger geblieben als gedacht. Es ging viel zu schnell und auf einmal war der Sommer schon wieder halb vorbei. 

Hier bin ich nicht zum ersten mal. Voidokilia - Beach.

Alles zusammengerechnet habe ich hier in Griechenland nun schon fast ein Jahr lang verbracht. Zuerst mit Sylvie, dann mehrmals als Skipper und nun mit dem eigenen Boot. Aber warum immer wieder Griechenland? Für Bootseigner, Segler aber auch Overlander ist hier das Paradies, insgesamt gibt es 3054 Inseln in den unterschiedlichsten Meeren die für Abwechslung sorgen. Die Leute sind super freundlich und hilfsbereit. Auch an Land gibt es immer wieder Überraschungen zu entdecken – vor allem auf Pelopones trifft man immer wieder auf Overlander. Man ist einfach gerne hier. 

INSTA STORIES:

Griechenland, wir sehen uns wieder 🙂 

Zahlen:  +180 Tage // +1772 Bus- & Zugkilometer // + 1741 Seemeilen // + 792 Flugmeilen // + 1956 gefahrene Kilometer //+ 2 Zwischenfälle: #1: Motorausfall & Abschleppen bei 50 Knoten Wind.  #2: Monsterwelle im Hafen beschädigt unsere Pallini

Tage: 

28.04 – 25.10.2023 –> 180TAGE!

perg-Wien: 180 + 180 zurück: 360

Wien-Sofia-Thessaloniki:1300

korinth – ahen : 112

–>  1592 KILOMETER BUS 

thessaloniki – samos fähre: 316

seemalien auf Pallini: 1425?

–> Seemeilen : xxxx

Flugmeilen: 792

Mietwagen: Samos 1 Woche, Kos 2 tage, Peloponnese 2 tage, Galaxidi, 1 tag, ….

—> ???? 1357km  , korinthos 600?

Zwischenfälle: +1

Abschleppen.Motorausfall.

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